Die Firma Prometheus Games – ich vermute, damit ist mittlerweile die gleichnamige GmbH gemeint – hat gestern eines ihrer Verlagsupdates veröffentlicht.
Ich möchte mir nicht die Mühe machen, diesen Text in seiner Gänze zu werten oder zu kommentieren. Ich möchte lediglich Stellung zu zwei Sätzen nehmen, die die von mir 1989 mit ins Leben gerufene Firma Feder&Schwert betreffen. Christian Loewenthal schreibt an einer Stelle seines Updates:
„Der erste richtige Dämpfer kam dann mit der Nichterfüllung des Vertrages seitens der Feder&Schwert GmbH im Rahmen des Dresden-Files-Kickstarters. Ein guter Teil des Geldes war letztendlich ohne Gegenleistung an Feder&Schwert gewandert und die durch die Verzögerungen aufgeworfenen Probleme haben sich immer weiter aufgetürmt und uns in Summe extrem viel Geld gekostet. Ohne die sich selbst ausbeutende Leistung einiger weniger Personen, wären die PDFs der Bücher nie fertiggestellt worden und wir hätten keine Chance gehabt die Verträge noch zu erfüllen.„
Verlagsupdate 6/22, PG
An diesen drei Sätzen ist kein Wort wahr. Ich lege Wert auf folgende Feststellungen:
1. Auslöser der Differenzen zwischen Prometheus und Feder & Schwert war, dass mir zu Ohren gekommen war, dass Prometheus schon sehr lange Außenstände bei gemeinsamen Freunden für eine Dienstleistung hatte. Auf Nachfragen hatten die Betroffenen wachsweiche Ausreden erhalten. Ich habe daraufhin Zweifel an der Seriosität unseres Partners bekommen und drei Dinge getan:
Prometheus gebeten, die Betroffenen umgehend zu bezahlen
Darum gebeten, anders als ursprünglich vereinbart einen Vorschuss für die Unterstützung des Crowdfundings seitens Feder&Schwert zu erhalten
Darum gebeten, einen Finanzierungsplan für die Durchführung des Crowdfunding-Projektes nach dem Ende der Backing-Phase zu sehen
2. Daraufhin hat Prometheus Games Feder & Schwert die Zusammenarbeit schriftlich aufgekündigt. Von einer Nichterfüllung kann also keine Rede sein, weil der Abgabetermin für Übersetzung und Layout zu diesem Zeitpunkt noch in weiter Ferne lag.
3. Das an Feder&Schwert geflossene Geld – ein Bruchteil der vereinbarten Summe – entbehrte keineswegs einer Gegenleistung, sondern war das Honorar für die bis zur Aufkündigung der Zusammenarbeit durch Prometheus geleisteten Design-, Übersetzungs- und Layoutarbeiten, die Feder&Schwert Prometheus Games natürlich auch überlassen hat.
Nach dieser kurzen Analyse mag jede/r den Warheitsgehalt des restlichen Statements für sich beurteilen. Das Thema Dresden Files bei Prometheus dürfte sich jedenfalls erledigt haben, denn die Lizenz ist erloschen, sodass eine „Chance, (…) die Verträge noch zu erfüllen“ nicht bestehen dürfte.
Ich möchte euch heute auf ein wundervolles Kunstprojekt hinweisen: Blackgoldsun von Jelena Kevic Djurdjevic. Jelena schafft digitale Illustrationen, vor allem weibliche Porträts in einem ganz eigenen Stil. In auffälligen Formen und Farben präsentiert sie Frauen vor einem tiefschwarzen Hintergrund .
Dabei ist ihre Farbwahl sehr speziell und beeindruckt mich überaus. Jelena verwendet leuchtende Farben, die ihre Vision weiblicher Schönheit sehr gut zum Ausdruck bringen, auch wenn sie aus dem üblichen Schema fallen. Ich finde die Bilder unglaublich und freue mich über jedes, das Jelena im Laufe der bisherigen Corona-Zeit gezeigt hat.
Jetzt sind die Illus in einem ebenfalls Blackgoldsun betitelten Sammel-Kunstband erschienen, von dem es drei verschiedene Versionen gibt. Mehr unter https://shop.sixmorevodka.com/collections/blackgoldsun.
Weil ich es hier noch gar nicht erzählt habe, sei es nun auch im Blog berichtet: Mit der inzwischen allgemein üblichen Verspätung von einem Corona-Jahr findet vom 18.-21. November unser LARP Der Fall des Hauses Kessler im wundervollen Haus Schnede nahe Salzhausen in der Heide, gar nicht fern von Hamburg, statt.
Wir, das ist in diesem Fall eine Orga, die sich den Namen Southern LARP gegeben hat. Aufhänger für die Geschehnisse des Spiels ist die Testamentseröffnung des namensgebenden Herrn von Kessler, und wir haben uns von chthulhoiden Motiven inspirieren lassen und haben den Wünschen unserer Spieler:innen entsprechend ein illustres Charakterensemble geschrieben. Es dürfte nicht Wundern nehmen, dass bei weitem nicht alle von ausschließlich lauteren Motiven und Trauer um den Verschiedenen in die Heide getrieben werden …
Ich sehe mit großer Vorfreude der Rückkehr nach Schnede entgegen, wo Julia und ich zusammen mit anderen Mitstreiter:innen bereits die Chronos-Chroniken angesiedelt hatten.
Horror in der Heide. In den Zwanzigern. What’s not to like?
Nein, das ist diesmal ausnahmsweise keine politische Botschaft … oder vielleicht doch. Werwolf: Die Apokalypse war immer schon das (vordergründig) am deutlichsten politische Spiel aus der Welt der Dunkelheit, es hat mich unter anderem auf Sea Sheperd gebracht. In Zeiten der sehr realen Klima-Apokalypse ist es mehr als angebracht, auch im Spiele-Bereich die Stimme der Krieger:innen Gaias wieder lauter erklingen zu lassen.
Nun bringen die Kollegen von Flyos, die bereits mit Vampire: Die Maskerade – Chapters einen neuen Zugang zu den Blutsaugern der Welt der Dunkelheit designt haben, mit Werewolf: The Apocalypse – Retaliation ein Spiel zu den Garou an den Start. Stay tuned for more information!
Heute wollte ich kurz auf ein Rollenspielprojekt hinweisen, das ich gebackt habe. Broken Tales kommt aus Italien. Das Spiel ist quasi der Blick durch einen dunklen Spiegel auf traditionelle Märchen, deren Prämissen es auf den Kopf stellt. Die Spieler gehören dem Orden an, einer geheimen Gruppe, die im Auftrag des Papstes agiert und deren Aufgabe es ist, Ereignisse und Bedrohungen jenseits des menschlichen Verständnisses zu untersuchen. Eine unheimliche Version Europas im 18. Jahrhunderts dient als zum Hintergrund für diese ungewöhnlichen Helden – Schurken aus verschiedenen Märchen, die nun als Protagonisten in der neuen Realität agieren.
Die Übersetzungsarbeiten an Chapters schreiten voran. In Absprache mit den Kollegen bei Flyos möchte ich euch heute hier einen ersten Vorabblick in die einleitende Kurzgeschichte Die Stadt der Heiligenermöglichen, die aus der Feder keines Geringeren als Matthew Dawkins alias The Gentleman Gamer stammt.
Vorbestellungen des Spiels sind unter diesem Link noch möglich. Viel Spaß beim Lesen!
[Achtung: Der folgende Text könnte milde Spoiler enthalten – Betroffene werde wissen, dass sie gemeint sind]
Wer zur Hölle ist eigentlich dieser Chronos von Chron? Seit einigen Wochen hält er diejenigen, die zwischen den Zeilen (den Zeiten?) zu lesen verstehen, mit seinen kryptischen Botschaften auf Instagram in Atem.
Da werden Zeitkapseln geöffnet, seltsame Videobotschaften versandt, Spekulationen gesponnen, und plötzlich scheint die große Vereinheitlichungstheorie aller Verschwörungstheorien da zu sein: die Weltverschwörungstheorie TM. Zweifellos ist die Wahrheit irgendwo da draußen! And I want to believe.
Zum Glück hat sich eine kleine Schar Unerschrockener gefunden, die bereit ist, den Mysterien auf den Grund zu gehen und herauszufinden, was es wirklich mit den Großen Alten, der Zahlenmystik der Großstadttopografie, wildgewordenen, nach der Singularität strebenden KIs, den Maulwurfsmenschen in den U-Bahn-Schächten unserer Städte und vielem mer auf sich hat.
Neugierig geworden? Stay tuned! In einer Woche darf ich mehr erzählen.
Ich habe die Zukunft des ARG gesehen, und sie hieß Arcana.
Arcana war ein Free-to-Play-ARG des Kreativteams All Of Those Witches [AOTW] (Tommy Honton, Eric Hoff, Eva Anderson, Mali Elfman und E3W Productions) aus dem Großraum Los Angeles, das von Mai bis Anfang Juni 2020 lief und mich damit zum einen zwang, meinen Lebensrhythmus auf US-Westküstenzeit umzustellen, mir zum anderen aber wunderbar durch die erste frustrierende Phase der Covid-19-Pandemie half. Neu daran war, dass Arcana von vornherein ganz offen als ARG samt Registrierungspage im Internet, auf der man seine Adresse hinterlassen musste und dafür von den Machern mit einem wöchentlichen Newsletter versorgt wurde, angekündigt wurde. Das fast gebetsmühlenartig wiederholte Mantra aus der ersten Welle dieser Spielform, This ist not a game, wurde damit ebenso bewusst außer Acht gelassen wie der zweite große ARG-Grundsatz Never mind the people behind the curtain, weil das Produktionsteam sich freimütig schon in der Aufforderung zum Mitspielen vorstellte. Ebenso neu war, dass von vornherein deutlich gemacht wurde, von wann bis wann genau das Spiel laufen würde und das jeweils in jeder Woche nur von Mittwoch bis Samstag Input von Seiten der Puppet Master zu erwarten war (was uns als Spieler:innen-Community nicht daran hinderte, auch in den verbleibenden Tagen weiter zu spielen und zu rätseln, zumal klugerweise jede „Inputphase“ mit einem Cliffhanger und zumindest eine mehr oder weniger schwierigen Rätsel endete).
In erster Linie durch Instagram-Posts, aber auch durch die Messenger-Funktion von Instagram, Mails, Videos, Audiodateien und sogar nicht-fiktionale Elemente bot Arcana den Teilnehmer:innen ein mysteriöses Horror-Szenario, das sich um den fiktiven Charakter Jade und ihren Kampf mit einer dämonischen Präsenz drehte, die sie als ihr nächstes Gefäß auserkoren hatte. Die Spieler:innen hatten die Aufgabe, Jade (dargestellt von der aus Mexiko stammenden Schauspielerin Nerea Duhart) zu helfen, die Geschehnisse, in die die junge Frau verwickelt wurde, zu ergründen, indem sie Hinweise fanden, die in den verschiedenen Beiträgen versteckt waren oder aus realen Geschichten und den Mythen der Welt abgeleitet wurden, was in einer Entscheidung gipfelte, die die Teilnehmer:innen gemeinsam durch Videobeiträge treffen mussten, um Jades endgültiges Schicksal zu bestimmen.
„Arcana“ evoziert natürlich sofort die Assoziation Tarot, und das gleichnamige ARG bediente sich dieser weidlich. Aber die umfassenderen Themen der Geschichte waren um Schuld, Isolation, Okkultismus, Geheimnisse, Verrat und Mord.
Vor allem Mord und Mörder spielten in Arcana an mehreren Stellen eine ztentrale Rolle. Reale Serienmörder des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, insbesondere William EdwardHickman, waren ein wichtiger Bestandteil des Erzählkosmos von Arcana und des zentralen Antagonisten. Dieser Gegenspieler, mit dem wir es zu tun bekamen, Providence, war eine im Laufe der Jahrhunderte immer wieder den Wirt wechselnde Entität. Zwar mussten wir nur über Hickman wirklich mehr herausfinden, um die Geschichte voranzutreiben, doch wiesen uns Easter Eggs – die es z. B. durch Umwandlung von akustischen in grafische Signale mittels Apps aufzudecken galt – noch auf weitere ehemalige Wirte des Dämons hin. Natürlich waren Providences Endziel weitere Morde, die wir als Teilnehmer:innen zu verhindern versuchten.
Bei diesem Versuch stießen wir bald auf Jades Zwillingsschwester Robin (ebenfalls verkörpert von Nerea Duhart). Beide Frauen lernten wir als sympathische, nachvollziehbare Charaktere kennen, doch ohne zu viel zu verraten kann ich sagen, dass wir bei beiden jungen Damen den einen oder anderen Face Turn zu verkraften hatten. Ein weiterer Charakter, der Dämonologe Gareth Fitzpatrick (gespielt von Eric Hoff, Creative Director der Thinkwell Group), hatte ein eigenes dunkles Geheimnis, das als Quell der Spannung zwischen ihm und Hadley Meares diente, einer realen True-Crime-Journalistin aus L. A., die ihren eigenen Blog und ihre Expertise dem ARG zur Verfügung stellte.
Um mehr über Providence und seine Achilles-Fersen zu erfahren, waren wir gezwungen, uns unter Anleitung Fitzpatricks selbst als Amateur-Dämonolog:innen zu betätigen und uns mit Geistern des Mordens und des Tötens aus verschiedenen religiösen und kulturellen Traditionen zu befassen. Beispielsweise mussten wir aus zahlreichen Hinweisen Zaubersprüche zusammenpuzzeln, die dem wachsenden Einfluss Providences auf Jade entgegenwirken sollten.
Ein Faktor, der unsere Bemühungen, Jade zu helfen, massiv erschwerte, war der geschickte Einsatz der Technik des unzuverlässigen Erzählers (respektive hier der unzuverlässigen Erzählerin/nen). Sowohl Jade als auch Robin logen, was ihre Vergangenheit betraf – mit katastrophalen Folgen. Dadurch und durch Providences Tricks getäuscht trieben wir Spieler:innen Jade unwissentlich, aber unaufhaltsam einem schlimmen Ende entgegen. Jades Geisteszustand verschlechterte sich zusehends, und Providence stand kurz davor, seine mörderischen Ziele zu erreichen. Im letzten Augenblick bekamen wir angesichts der oben schon erwähnten Abstimmung über die weitere Vorgehensweise in Sachen Jade die Möglichkeit, begangene Fehler mit Hilfe Gareths, Hadleys und Robins zu korrigieren.
Alle NSC in Arcana waren fantastisch. Vor allem Nerea füllte ihre Doppelrolle überzeugend mit Leben. Jade und Robin hatten jeweils ausgeprägte, überzeugende Persönlichkeiten, und Duhart war nach Jades Besessenheit wirklich schreckenerregend. Erics Darstellung des Dämonologen machte Gareth zum dringend benötigten Comic Relief in dem doch eher bedrückenden Szenario. Hinter den Kulissen schrieb das gesamte Team in allen Rollen mit uns Teilnehmer:innen und schaffte es auf bemerkenswerte Weise, die Stimmen der einzelnen Charaktere durchzuhalten, ohne dass auffiel, dass an der Tastatur unterschiedliche reale Persönlichkeiten saßen.
Vom technischen Standpunkt aus betrachtet war Arcana nahezu perfekt. Die Video- und Audioelemente waren für eine kostenlose Experience überdurchschnittlich, insbesondere das Sounddesign war erstklassig. Dazu kam die liebevolle Gestaltung von Jades und Robins Haus, der primären Kulisse des Spiels, und die zahllosen Kunstwerke Jades und andere Requisiten, die im Anschluss an das ARG versteigert wurden, um die Kostendeckung zu halten (die übergroße Tarotkarte mit dem Rotkehlchen, sozusagen das Titelbild des Spiels, die ihr oben seht, hängt seither bei mir an der Wand). Die Rätsel waren sehr divers gehalten, einfallsreich und erforderten eine Mischung aus verschiedenen Skills und Methoden, von Sprachwitz bis zu Computerfertigkeiten. Einige waren kryptographischer Natur, bei anderen ging es um versteckte optische Hinweise, und wieder andere erforderten Google-Fu, um mit realen Informationen Rätsel in der Spielwelt zu knacken.
Fazit: Arcana war ein rundum überdurchschnittliches, rätsellastiges, komplexes Horror-ARG, das durch Design-Entscheidungen bewusst mit überkommenen Traditionen gebrochen und es so möglicherweise geschafft hat, die immersivste mir bekannte Spielform neben LARP ins 21. Jahrhundert zu retten.
In den frühen 90er Jahren hatte ich mit Feder&Schwert das enorme Vergnügen, White Wolfs Welt der Dunkelheit in Deutschland populär zu machen. Annähernd zwei Dekaden hat dieser Spielkosmos und besonders sein Flaggschiff, Vampire: Die Maskerade, mein berufliches (und seien wir ehrlich: auch mein privates) Leben maßgeblich geprägt. Es ist schön, heute auf Menschen zu treffen, die mir mit glänzenden Augen berichten, was für Erlebnisse sie damals mit den Kainskindern hatten, sei es am Spieltisch oder in einer der unzähligen Live-Chroniken. Nun entsteht bei der kanadischen Spieleschmiede Flyos das Spiel Vampire: The Masquerade – Chapters, und ich habe die große Ehre, für die Übertragung ins Deutsche zu sorgen.
Chapters ist der fesselndste Hybrid aus Brettspiel und Rollenspiel, der mir je begegnet ist, quasi ein Brettspiel, bei dem man Geschichten erzählt. Aus meiner Sicht eröffnet das „Proto-Rollenspiel“ damit auch nicht per se rollenspielaffinen Spieler:innen die Chance, Vampire auf eine ganz neue Weise zu erleben.
Die Designer bezeichen Chapters als „Rollenspiel in einer Box“, und das ist gar nicht so falsch. Das Spiel beinhaltet über 50 Szenarien, angesiedelt im nächtlichen Montreal, und kommt ganz ohne Spielleiter/Erzähler aus. Es ist solo und in der Gruppe kooperativ spielbar und bietet vielfältige Dialogwahlmöglichkeiten wier bei komplexen, Computerspielen, immersive Ermittlungen und spannende Kämpfe.
Mehr zur Kickstarter-Kampagne und zu Vorbestellmöglichkeiten gibt es hier.